Mittel gegen Reiseübelkeit: Was wirklich auf Reisen hilft
Einleitung: Wenn die Vorfreude der Übelkeit weicht
Die Koffer sind gepackt, die Urlaubsstimmung ist auf dem Höhepunkt – doch kaum beginnt die Fahrt, macht sich ein flaues Gefühl im Magen breit. Kalter Schweiß, Schwindel, Blässe und schließlich Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Die Reiseübelkeit, medizinisch auch Kinetose genannt, kann die schönste Reise in einen Albtraum verwandeln. Betroffen sind vor allem Kinder, aber auch viele Erwachsene leiden bei kurvigen Autofahrten, auf einem schwankenden Schiff oder bei Turbulenzen im Flugzeug. Doch man ist der Reisekrankheit nicht hilflos ausgeliefert. Es gibt eine Vielzahl an wirksamen Strategien und Mitteln, um die Symptome zu verhindern oder zu lindern. Von bewährten Medikamenten mit Dimenhydrinat über pflanzliche Helfer wie Ingwer bis hin zu Akupressur-Armbändern – wir haben die besten Mittel gegen Reiseübelkeit getestet und erklären, was wirklich hilft, damit Sie entspannt an Ihr Ziel kommen.
Wie entsteht Reiseübelkeit? Ein Konflikt im Gehirn
Die Ursache der Kinetose ist ein "Datenkonflikt" im Gehirn. Unser Gleichgewichtssinn im Innenohr registriert die Bewegung, zum Beispiel das Schwanken des Schiffes oder die Beschleunigung im Auto. Unsere Augen hingegen melden dem Gehirn, dass wir uns relativ ruhig im Fahrzeuginneren befinden – sie sehen den unbewegten Autositz vor uns. Diese widersprüchlichen Informationen von Augen und Gleichgewichtsorgan kann das Gehirn nicht richtig zuordnen. Es interpretiert diesen sensorischen Konflikt als eine Art Vergiftung und reagiert mit einem archaischen Schutzmechanismus: Es aktiviert das Brechzentrum, um den vermeintlichen Giftstoff loszuwerden. Die Folge sind die typischen Symptome der Reiseübelkeit.
Medikamente aus der Apotheke: Die zuverlässigen Helfer
Wenn Sie zu starker Reiseübelkeit neigen, sind Medikamente oft die sicherste Wahl. Die wirksamsten rezeptfreien Mittel sind Antihistaminika der 1. Generation.
Dimenhydrinat: Der Goldstandard
Wirkung: Der Wirkstoff Dimenhydrinat ist der unangefochtene Klassiker gegen Reiseübelkeit. Es handelt sich um ein Antihistaminikum der 1. Generation, das die Blut-Hirn-Schranke überwindet und direkt am Brechzentrum im Gehirn andockt. Dort blockiert es die Histamin-Rezeptoren und dämpft so den Brechreiz sehr effektiv. Anwendung: Dimenhydrinat ist in verschiedenen Formen erhältlich:
- Tabletten/Dragees: Der Klassiker. Sollten etwa 30-60 Minuten vor Reiseantritt eingenommen werden.
- Reisekaugummis: Ideal für die flexible Anwendung. Der Wirkstoff wird beim Kauen über die Mundschleimhaut aufgenommen, was einen schnelleren Wirkeintritt ermöglicht. Gut geeignet, wenn die Übelkeit bereits leicht einsetzt.
- Zäpfchen: Die beste Wahl für Kleinkinder oder wenn bereits Erbrechen eingesetzt hat und Tabletten nicht mehr im Magen bleiben würden.
Pflanzliche und alternative Methoden
Für leichtere Fälle oder für Personen, die auf Medikamente verzichten möchten, gibt es eine Reihe von gut wirksamen Alternativen.
Ingwer: Die scharfe Knolle gegen Übelkeit
Wirkung: Ingwer ist ein wissenschaftlich anerkanntes Mittel gegen verschiedene Formen von Übelkeit. Die enthaltenen Scharfstoffe, die Gingerole, wirken beruhigend auf den Magen und beeinflussen bestimmte Rezeptoren im Gehirn, die am Brechreiz beteiligt sind. Anwendung: Am besten wirken hochdosierte Ingwer-Kapseln aus der Apotheke, die etwa eine Stunde vor der Reise eingenommen werden. Aber auch frischer Ingwertee, Ingwerbonbons oder kandierter Ingwer können bei leichten Beschwerden helfen.
Akupressur-Armbänder (Sea-Bands )
Wirkung: Diese elastischen Armbänder haben eine kleine Plastiknoppe auf der Innenseite. Diese übt einen konstanten Druck auf einen bestimmten Akupressurpunkt am Handgelenk aus, den sogenannten Nei-Kuan-Punkt (P6). Nach der traditionellen chinesischen Medizin soll die Stimulation dieses Punktes Übelkeit und Erbrechen lindern. Anwendung: Die Bänder werden vor Reiseantritt an beiden Handgelenken angelegt. Sie sind völlig frei von Nebenwirkungen und daher besonders gut für Kinder und Schwangere geeignet. Die Wirksamkeit ist individuell verschieden, aber viele Anwender berichten von sehr guten Erfahrungen.
Tipps zur Vorbeugung: Was Sie selbst tun können
- Der richtige Sitzplatz: Im Auto vorne sitzen, im Bus in der Mitte über den Rädern, im Flugzeug am Gang auf Höhe der Tragflächen und auf dem Schiff in der Mitte an Deck. Dort sind die Bewegungen am geringsten.
- Blick nach vorne: Schauen Sie immer in Fahrtrichtung auf einen festen Punkt am Horizont. Nicht lesen, nicht auf das Handy oder Tablet schauen!
- Leichte Mahlzeiten: Reisen Sie nicht mit vollem oder komplett leerem Magen. Eine leichte, fettarme Mahlzeit vor der Fahrt ist ideal. Meiden Sie Alkohol, Kaffee und Nikotin.
- Frische Luft: Sorgen Sie für ausreichend Frischluftzufuhr oder machen Sie regelmäßige Pausen an der frischen Luft.
- Ablenkung: Hören Sie Musik oder ein Hörbuch. Ablenkung kann helfen, die Konzentration von den körperlichen Symptomen wegzulenken.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Für Kinder gibt es Dimenhydrinat in spezieller, niedrigerer Dosierung als Sirup, Zäpfchen oder Kaugummi (meist ab 6 Jahren). Beachten Sie unbedingt die Alters- und Gewichtsempfehlungen in der Packungsbeilage. Völlig nebenwirkungsfreie Alternativen für Kinder sind Akupressur-Armbänder und, je nach Alter und Geschmack, Ingwerbonbons oder spezielle Reise-Lollis.
Wenn Sie selbst fahren, dürfen Sie keine Medikamente wie Dimenhydrinat einnehmen. Hier sind nebenwirkungsfreie Alternativen die einzige Option. Versuchen Sie es mit Ingwer-Kapseln, Akupressur-Armbändern und den allgemeinen Verhaltenstipps (leichte Mahlzeit, Pausen, frische Luft). Oft ist die Übelkeit beim Selbstfahren geringer, da die Augen die Bewegung mit der Lenkung synchronisieren können.
In der Homöopathie werden Mittel wie Cocculus, Tabacum oder Nux vomica bei Reiseübelkeit empfohlen. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Belege für eine Wirksamkeit, die über den Placebo-Effekt hinausgeht. Wenn Sie an die Methode glauben, kann sie als unterstützende Maßnahme ohne Nebenwirkungen versucht werden.